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Nach uns die Flut
Von Anne Sophie Brandt
Vom Strand im Seebad Lubmin sind es nur wenige hundert Meter durch den Wald,
dann eröffnet sich ein sagenhafter Blick auf das Kernkraftwerk (KKW) „Bruno
Leuschner“. Bald soll diese Aussicht noch schöner werden – der lästige Wald
wird bis auf einen 200 Meter breiten Streifen für ein Industriegebiet
gerodet. Lubmin ist damit um eine idyllische Touristenattraktion reicher.
Die Bäume machen Platz für einen Industriepark auf dem Gelände des
stillgelegten KKWs in der Lubminer Heide. Geplant sind drei Gas- und
Dampfkraftwerke, metallverarbeitende Industrien und Manufakturen für Keramik
und Glas. Ein Hafen für den Industriepark ist schon gebaut – und sorgt ganz
nebenbei dafür, dass ein Naturschutzgebiet geflutet wird.
Naturschützer fordern: der Hafen muss wieder weg
„Durch den Industriehafen steigt das Wasser im Naturschutzgebiet
„Peenemünder Haken“ an. Wir fordern, dass der Hafen rückgebaut wird“, sagt
Holger Mattes vom Naturschutzbund (NABU) in Greifswald.
Der untere Teil des Hafenkanals ragt mit seinem Kai und Wellenbrechern 590
Meter ins Meer – und zerstört den natürlichen Küstenbereich an dieser
Stelle.
Das Meer transportiert Sand vom Meeresgrund in die Küstenregion. Die
Uferströmung spült Sand in die Spandowerhagener Wiek. Die Salzwiesen des
Naturschutzgebietes beginnen direkt hinter dem Hafen. Strand- und
Boddenpflanzen wachsen hier dicht am Boden. Sie müssen regelmäßig mit
Salzwasser geflutet werden und bieten den
geschützten
Vögeln einen Unterschlupf beim Brüten.
Der Sand lagert sich in der Wiek ab und sorgt dafür, dass die Wassertiefe
einen Meter nicht übersteigt. Die langen Wellenbrecher, die die
Hafeneinfahrt schützen, stoppen diese Unterwasserbewegung. Der Sand wird
nicht mehr ins Naturschutzgebiet transportiert.
Die Salzwiesen sind das Zuhause des Großen Brachvogels
Das stört das natürliche Gleichgewicht in der Wiek. Betroffen ist unter
anderem der Große Brachvogel. Er watet hinaus ins seichte Wasser, um dort
mit seinem langen gebogenen Schnabel nach Würmern, Muscheln und kleinen
Krebsen zu picken. Im Küstenbereich vor den Salzwiesen kann er besonders
weit ins Meer hinaus, weil das Wasser im Küstenbereich höchstens einen Meter
tief ist.
Brachvogel bald heimatlos
Im Naturschutzgebiet wird auf Dauer das Sandriff abgetragen. Irgendwann
ist das Wasser an der Küste so tief, dass er mit seinem Schnabel nicht mehr
auf den Meeresgrund gelangt. Der Große Brachvogel wird sich ein neues
Futtergebiet suchen müssen.
In naher Zukunft soll der Hafen für Hochseeschiffe tauglich gemacht werden.
Eine Transportrinne von mindestens sieben Metern Tiefe muss dafür ausgehoben
werden, um die Schiffe bis zur Fahrrinne auf die offene See zu leiten. Die
Rinne verschärft das Problem, weil der Sand in der Transportrinne hängen
bleibt. Diese muss laufend ausgebaggert werden – eine große Belastung des
küstenahen Raumes und seiner Bewohner. |
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Lubminer
wollen ihren Wald behalten
Für die Lubminer wird die Belastung durch den Industriepark das größere
Übel. Im Sommer dominieren am Strand von Lubmin die Farben Neonlila, Pink
und Grün – mit den bunten Zelten versuchen sich die Touristen vor Wind und
Sonne zu schützen. Viele Lubminer befürchten, dass sich die Touristen
demnächst vor dem Schmutz und Lärm aus dem Industriepark schützen müssen.
Klaus Kühnemann ist seit Juli 2004 Bürgermeister des Seebades Lubmin. Als
vor vier Jahren die ersten konkreten Bebauungsvorschläge für den
Industriepark entstanden, hat er eine Bürgerinitiative gegründet. Die wehrt
sich gegen die geplante Rodung. „Wir hoffen, dass auch die Wünsche von
Lubmin berücksichtigt werden. Eine Rodung des Waldes und Schwerindustrie
nahe am Lubminer Strand schaden dem Tourismus im Seebad.“ |