ERDGESCHOSS

  UNTERWEGS IN MÜNSTERS UNTERGRUND | EIN SEMINARPROJEKT AM INSTITUT FÜR KOMMUNIKATIONSWISSENSCHAFT | UNIVERSITÄT MÜNSTER

GRAFFITI   -01

   

HAWERKAMP  -02

   
 

FLASHMOBS  -03

     
Gold, Juwelen und ein Rembrandt

KELLERBANDS  -04

     

AASEE  -05

     

RADSTATION  -06

     
 

BESTATTER  -07

   

 TRESORRAUM  -08

   
 

TIEFGARAGE   -09

   
 

KANALISATION  -10

   
BUNKER  -11      
 
TEAM  -12    
 
IMPRESSUM  -13    
 
     TEXT: YVONNE VALCHANOVA, BILD: FRANK KÖHNE  
         

Was passiert im Keller einer Bank? Ein ehemaliger Mitarbeiter, der nicht genannt werden will, führt uns in die gut bewachte Welt unterhalb der Büros und Empfangsräume.

Licht im Schacht: Wie ist der Sicherheitstrakt einer Bank aufgebaut?

Jede große Bank hat Tresoranlagen und Schließfächer. In den Tresoranlagen werden zum Beispiel große Geldbeträge aufbewahrt, unter anderem auch in fremden Währungen, beispielsweise Türkische Lira, Kanadische Dollar oder Japanische Yen. Um diesen Bereich betreten zu können, ist eine speziell kodierte Karte nötig. Die gewöhnlichen Bankangestellten haben für den unteren Bereich keinen Zugang. Ich hatte Zugang zu den Schließfächern, da dort auch wichtige Dokumente aufbewahrt wurden, die wir täglich benötigten. Im Keller der Bank gibt es außerdem auch Bereiche für Kunden, die
je nach Sicherheitsstufe  mit Überwachungskameras ausgestattet sind. Der blaue Bereich ist zum Beispiel für Kunden vorgesehen, die bis zu hunderttausend Euro anlegen. Um im silbernen Bereich ein Schließfach zu bekommen, muss bis zu einer Million Euro angelegt werden. Alles, was darüber liegt, hat die Berechtigung, in den goldenen Bereich zu gelangen. Natürlich ist der goldene Bereich auch mit einem besonderen Service für die Kunden ausgestattet.
 
Wie viele Mitarbeiter arbeiten dort?

Insgesamt einhundertzwanzig Mitarbeiter arbeiten in diesem Bereich. Das wirkt wie eine große Zahl, aber das Personal wird aufgrund der täglichen Anfragen anderer Banken benötigt. Dabei geht es zum Beispiel um Geldtransfers.

Wurde schon mal versucht, Geld zu stehlen?

Ja. Und zwar durch einen Angestellten. Er hatte nicht nur Zutritt zu den Tresoren, sondern arbeitete auch fest im unteren Bereich. Seine Aufgabe war es, die gezählten Bestände fremden Geldes am Abend zum Tresor zu transportieren und dort einzuschließen. Am Pfingstfreitag vor dem langen Wochenende kam dieser Mitarbeiter wie immer pünktlich zur Arbeit. Im Schlepptau hatte er aber eine Reisetasche. Dies war jedoch nicht ungewöhnlich, da er am Wochenende immer seine Wäsche zu seiner Mutter brachte, um sie waschen zu lassen. An diesem Abend verließ er auch wie gewöhnlich die Arbeit. Als der Tresor am Dienstag geöffnet wurde, fehlte jedoch Geld. Da war klar, dass der Angestellte an diesem Tag keine Wäsche mitgebracht, sondern seine Tasche randvoll mit dem Geld aus dem Tresor gefüllt hatte. Er war in der Zwischenzeit nach Portugal geflohen. Da er sich jedoch finanziell zu auffällig verhielt, wurde er dort von kriminellen Portugiesen bedroht. Aus Angst kam er tatsächlich zurück nach Deutschland und stellte sich der Polizei.

Wie schnell kommt die Polizei, wenn ein Alarm ausgelöst wird?

Innerhalb von zehn Minuten postieren sie sich mit mehreren Fahrzeugen vor dem Eingang und der Tiefgarage.

Wie viel Geld ist gestohlen worden?

Das waren damals etwa zwei Millionen D-Mark. Der Mann wurde zu vier Jahren Haft verurteilt. Der Vorfall war für uns natürlich sehr peinlich, da man Banken ja immer mit Sicherheit verbindet.
 
Haben Sie in den Schließfächern schon einmal etwas Besonderes entdeckt?

Ende der 80er wurde eine neue Zinsabsatzsteuer eingeführt. Da einige diese Steuer jedoch nicht bezahlen wollten, floss in dieser Zeit sehr viel Geld nach Luxemburg. Es musste also gehandelt werden. So ließ der Staat Razzien bei Banken durchführen. Bei uns sind damals 100 Beamte aus Bochum mit dem Bus vorgefahren. Sie kamen rein und sagten: „Keiner rührt sich von der Stelle.“ Alle Unterlagen, die sich am Schreibtisch befanden, wurden untersucht. Besonders Unterlagen mit Aufdruck „Luxemburg“ wurden in braune Tüten verpackt und an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet. Auch wurden sämtliche Schließfächer untersucht. Da hat man in der Tat beachtliche Inhalte gefunden. Ein Schließfach enthielt Kinderpornos. Der Angestellte hat damals natürlich sofort seinen Job verloren, Strafanzeige wurde erstattet.

Ein Kunde hat dort ein Originalgemälde von Rembrandt gelagert. Eine alte Dame hatte eine Kiste voll mit alten Münzen. Wir mussten ihr beim Tragen der Kiste helfen, da sie zu schwer für sie war.

Die Mitarbeiter haben aber keinen Zugang zu den Schließfächern der Kunden?

Nein, natürlich nicht. Die Kunden müssen etwas schon freiwillig zeigen, damit wir von seiner Existenz wissen. Zumeist sind die eingelagerten Gegenstände allerdings nicht so spektakulär: Dokumente, Bargeld, Schmuck, auch Diamanten. Wertvolle Sachen, die man zu Hause nicht aufbewahren sollte.

Hatten sie auch schon Fälle von Geldwäsche?

Fälle von Geldwäsche hatten wir auch. Man muss sich das so vorstellen: Wenn jemand Geld bei der Bank einzahlt, oberhalb von 15.000 Euro, und das mehrmals im Monat wiederholt, muss er nachweisen, aus welchem geschäftlichen Verhältnis das Geld stammt. Das nennt man in der Fachsprache „Smurfing“. Es wird regelmäßig überprüft, wie oft Beträge eingezahlt werden und woher sie kommen können.

Das stelle ich mir schwierig vor.

Ja, aber es gibt natürlich Erfahrungswerte. Die Bankangestellten müssen eine Verdachtsanzeige stellen. Die betreffende Person wird dann aufgrund eines Verstoßes gegen das Geldwäsche-Gesetz möglicherweise verurteilt.

Gab es jemanden, dem sie Geldwäsche konkret nachweisen konnten?

Viele. Es gab jemanden, der 300.000 Euro geerbt hat. Er hat das Geld, wie viele andere, damals in bar geerbt. Natürlich hat er gewusst, dass die Summe zu versteuern wäre, wenn er sie einzahlen würde. Deshalb hat er nur Teilbeträge eingezahlt. Die Bank hat das verfolgt und eine Verdachtsanzeige gestellt.

 
     
   


 

 

 

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